21.03.2014

23. Violetta Richard


Lucas van Leyden (Umkreis), Speisung der Fünftausend (Innenseiten eines Flügelalters), 1. Drittel 16. Jh., Öl auf Holz, 85 x 107,5 x 4,5 cm (Objektmaße, geöffneter Zustand), Mittelrhein-Museum Koblenz



5000 ZU EINER SPEISUNG

Die Entscheidung, dieses Werk zu wählen, fiel aufgrund des Titels: SPEISUNG DER FÜNFTAUSEND. Eigentlich ist es ein sehr positives Thema, erzählerisch, malerisch im Werk eines Künstlers aus dem Umkreis von Lucas van Leyden dargestellt. Und doch bleibt in der heutigen Zeit ein schaler Beigeschmack. Noch immer ist es ein tägliches Thema: Tausende haben zu wenig, obwohl (noch) ausreichend vorhanden ist. So entsteht eine Arbeit, die einen Gegenpol zu der vorhandenen bildet. Globalisierung, der weltweite Hunger, die Verarmung auch in den Industrienationen, die Massen an Speisen, die im Müll landen, der Verpackungswahn und all die Zusammenhänge zwischen uns Menschen und unserer Umwelt... Es geht jeden Einzelnen von uns an. Man sollte seinen ‚Kleinglauben‘ überwinden lernen, damit etwas aus dem ‚Geringsten‘ wachsen und so zum Segen aller werden kann.

Das Format des Triptychons wird im Ansatz übernommen, allerdings mit Absicht so, dass man es nicht zuklappen kann, es nicht schließen kann, vor allem sich selbst nicht davor  verschließen kann. Die Tafeln hängen zusammen und doch sind (zwei) Spalten sichtbar, nicht aufrecht in der Senkrechten, sondern waagerecht: Die Welt kann nur in der Waage, im Gleichgewicht erhalten werden.
In Speisung der Fünftausend kommen weitere Zahlen vor, die ich aufgegriffen habe. Zunächst in der Schrift. Es sind fünftausend Schriftzeichen, zu lesen als Text. Der Text ist eine Aneinanderreihung von Gedanken, die dieses Thema und vor allem mich in diesem Zusammenhang berühren. Während ich dies handschriftlich niederschreibe, ist der Ablauf der einer Strafarbeit ähnlich... Die Dinge werden mir dadurch intensiver vor Augen geführt und somit noch bewusster gemacht. Die Schrift ist für den Betrachter genauso groß, dass er sie ohne Probleme lesen kann, dennoch muss er sie aus der Nähe betrachten, sich den Dingen stellen.
Die Zahl – die Fünftausend – wiederholt sich vielleicht deshalb in meiner Arbeit, da sich darin im Evangelium die Masse wiederspiegelt. Dort die Masse der zu Speisenden, hier die Masse an Unbegreiflichkeiten, die heute geschehen, obwohl sie zu ändern wären. Es gibt tausend‘ Dinge, die sofort getan werden könnten, würde nur einer sagen: Los geht´s! Es ist eine Zeichnung von Strichpunkten, gewählt in einer Neon-Farbe, die das Ganze im Auge des Betrachters flirren lässt. Der Blick weicht aus, hält nicht stand.
Als drittes erscheinen 12 gesammelte Plastikschalen, in Anspielung an die zwölf mit Resten gefüllten Körbe, in einer Reihung von 3 x 4. Das Produkt von drei und vier wird als Verbindung vom Göttlichen zum Weltlichen gesehen. Jesus umgibt sich mit 12 Jüngern, darunter vielleicht auch ein schwarzes Schaf... Die Schalen stehen für Überfluss, es ist wie ein Wunder: Für alle ist gesorgt und es bleibt sogar noch etwas übrig, sodass man darüber die Angst verliert, dass es je an etwas mangeln, geschweige denn die Existenz gefährdet sein könnte. Hier kommt mit Absicht der Kunststoff ins Spiel, der in so viele Bereiche auf dieser Welt greift, gar eingreift, kaum noch wegzudenken, geschweige denn als Müll zu beseitigen ist. Auch hier bleibt etwas übrig...

"Work in progress"  Atelier Violetta Richard:










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